Meta
Erzähl mir eine Geschichte, Meta.
Die mich rettet
aus der Unwirklichkeit des Alltäglichen.
Die verbindet,
was im Einzelnen an Bedeutung verliert.
Die mich einbettet
in das Kollektiv aller,
die vor mir waren
und nach mir sind.
Erzähl mir eine Geschichte, Meta.
Pfefferminztee
Wie verhält ein Pfefferminztee sich zum Transzendentalen?
Eher gar nicht.
Aber:
Eine Hand hält
eine Tasse Pfefferminztee.
Meine Hand,
gegen die Kälte.
Wasserseelen steigen empor,
wenn das Wasser
durch seine eigene Hitze
stirbt.
Mitbewohnerin
Eine Sehnsucht wohnt in mir.
Sagt mir nicht,
warum sie sehnt,
wonach sie sucht.
Bleibt mir nur,
ein Zimmer zu richten.
Absichtsloses Gedicht
Wenn ich meiner Wahrheit glauben würde,
könnte ich ein Gedicht schreiben,
um sie mit dir zu teilen.
Mir ist jetzt keine Wahrheit,
aber ein Gedicht.
Deshalb ist dieses Gedicht
absichtslos.
Die Trilogie der Zeit
Beim Erkennen der Gegenwart,
ist sie verwelkt in Vergangenheit.
Vergangenheit ist selektiv.
Verschwommen in Erinnern, Verdrehen, und Vergessen.
Zukunft ist ungewiss,
gehüllt in den Schleier von Wahrscheinlichkeiten.
So leben wir mit allen dreien,
und wissen doch nie,
wo wir sind.
Luftschlösser
Das Habitat des homo sapiens sind sozial gebaute Luftschloss-Realitäten,
wobei die Illusion der Gegenwart
stets mehr Realitätsanspruch hat als das Vergangene,
über das homines sapientes –
durch Erfahrung ! –
so erhaben zu sein glauben,
dass sie,
ganz inkonsequent,
vergessen,
dass auch die Gegenwart einmal Vergangenheit sein wird.
Vielleicht doch nicht so sapiens, die homines…
Was ist die Mehrzahl von Zuhause?
Ich sage: “Ich fahre nach Hause.”
Und alle sind verwirrt.
Zuhause 1:
Wo mein Koffer ist,
wo ich nur
in Gesellschaft meiner Selbst bin,
wo ich schlafe.
Zuhause 2:
Wo mein Kram ist,
meine Freunde,
meine Routinen,
wo ich auslasse.
Wo ich die Miete zahle,
die Nachbarn kenne,
den Gemüseverkäufer,
den Fahrradmenschen,
und die weltbeste Friseurin.
Wo ich die bin,
die ich derzeit glaube zu sein.
Zuhause 3:
Wo mein Ursprung ist,
die Menschen sind,
die immer da waren
oder wenig kürzer.
Wo der Boden
geologisch gesehen
solider ist
und mir trotzdem gerne unter den Füßen wegsackt.
Wo ich so viel liebe
und trotzdem nicht bleiben will.
Zuhause 4:
Was sich gerne vor mir versteckt.
Dort ist es still vom Lärm der Welt.
Augenblick
Augenblick
Augenblick
Augenblick
Wenn ich glaube, dich erkannt zu haben,
dann bist du
schon
wieder
weg.
Augenblick
Nächster Augenblick
Ihr seid alles
und du bist nichts.
Augenblick
Augenblick
Augenblick.
Der Geruch von Nichts
Es riecht nach Schnee,
sage ich.
Schnee riecht nicht,
sagen sie.
Wenn es schneit,
ist die Luft
kalt.
Die Abwesenheit von Geruch,
gemischt mit hoher Luftfeuchtigkeit,
erzeugt den Eindruck von Schnee.
Sagen sie.
Es riecht nach Schnee,
Sage ich trotzdem.
Und der Geruch von Schnee
ist die Abwesenheit von Geruch.
Gemischt mit Luftfeuchtigkeit.
Der Geruch von Schnee:
Der Geruch von Nichts,
nur etwas schwerer.
[für Frank und Felix]
On and off
Nun,
da Sie nach meiner Beziehung zur Realität fragen:
unser Verhältnis ist ein ambivalentes.
Wir sind uns nah,
und doch wie Fremde.
Die Ambivalenz
ist reziprok.
Oft zieht sie sich vor mir zurück.
Ist mit andren,
nur bei mir nicht.
Dann wieder ist sie mir langweilig.
Oberflächlich –
Sie verstehen?
Dann flüchte ich mich
in die Arme meiner Gedanken,
meiner Fantasie.
Und doch…
Die meiste Zeit zusammen,
hat sie mich,
hab ich sie,
noch nie
endgültig verlassen.
Hoffentlich,
bis dass der Tod uns scheidet.
Das überzeugte Potenzial
Potenzial.
Du Möglichkeit
im Raum der unendlichen Möglichkeiten.
Was wirst du einmal werden?
Fantasie,
Plan,
und als solcher wieder verpuffen?
Dich manifestieren,
in Situation,
gar in Materie?
Nichts davon?
Wahres Potenzial.
Du bleibst lieber potenziell
alles zugleich.
Ein verwirrtes Stück Gott
Wenn ich mich einsam fühle, fehlt etwas.
Was mir fehlt,
sind keine Menschen,
die ich doch in meinem Leben habe.
Was mir fehlt,
ist die Anwesenheit
eines sinnstiftenden,
wissenden Zeugen
meiner Existenz.
Man könnte sagen: Gott.
Wenn man wollte.
Man kann auch sagen:
Ich sehe alles,
was mein Leben ausmacht.
Durch mich wird real,
was sonst, in dieser Form,
niemand jemals sehen würde.
Manche sagen:
Quantenphysisch gesehen
braucht es Beobachter,
die Potenzialen zur Manifestation verhelfen.
Manche sagen,
die Beobachterin ist Gott.
Manche sagen,
Gott ist überall.
Ich sage:
Wenn ich ein bisschen Gott bin,
dann wohl ein verwirrtes Stück Gott.
Selbstlosigkeit
Oft wünschte ich,
ich wäre selbstloser.
Andererseits:
Mit Selbst bin ich wenigstens nie alleine.
Außen-Ansichten
Unsere Träume
spielen im Außen.
Der Garten ist schön,
die Sonne scheint,
die Vögel zwitschern.
Aber wo ist unsere Laune?
Tatsächlich interferieren
äußere und innere Landschaften.
Unser Wunsch aber
negiert die innere Landschaft,
bedenkt den Filter nicht.
Ist das eindimensional,
katastrophal,
oder transzendental?
Erkennen
Du gehst dort.
Wir kennen uns nicht.
Und doch erkenn ich dich.
Erkenne mich – als dich.
Bin durch manches Tal gegangen,
wo dein Zelt gestanden war.
Hab die Aussicht genossen,
vom Gipfel,
den auch du erklommen hast.
Bin deinen Weg gegangen.
Vor dir. Nach dir.
Und manchmal abgebogen.
Auf einen anderen Pfad.
Bin dir nie begegnet.
Aber dein Lächeln verrät dich.
Wichtige Unwichtigkeit
Wenn ein Augenblick nichts ist,
aber Augenblicke alles.
Wenn Teilchen leer sind,
aber Materie die Welt.
Wenn mein Schicksal egal ist,
aber Schicksale das Leben.
Dann ist alles unwichtig
Und wichtig zugleich.
Analogie
Ich sitze
in einem Kino
voller Eindrücke
nur für mich.
Dein Kino ist ein anderes.
Manchmal aber läuft ein ähnlicher Film.
Dann sprechen wir darüber.
Im Foyer.
Glauben,
hoffen,
bestätigen uns darin,
denselben Film gesehen zu haben.
Gesehen haben wir den Film allein.
Unendlichkeit
Ich wohne hinter meinen Augen.
Und manchmal ganz woanders.
In Vergangenheit, Zukunft, im Leben der anderen.
Manchmal bin ich eingesperrt
da hinter meinen Augen.
Dann mache ich sie zu.
Und schaue mir stattdessen
die Unendlichkeit an.
Manchmal bin ich verloren,
weiß nicht, wo ich bin.
Zwischen Gedanken,
Gefühlen,
Erinnerungen,
die herumdriften
zwischen Welten
und nicht wissen
woher
warum
wofür
sie sind.
Die nicht wissen,
warum sie jeden Morgen
an einen Körper gebunden
den Gesetzen von Raum, Zeit, Materie
unterworfen werden.
Und dann krieg ich Stress, weil ich zu spät dran bin und noch die Wäsche aufhängen muss.
Außen-Ansichten
Ideale drehen sich um äußere Zustände,
aber selten wird überlegt,
wie sie von innen aussehen.
Das Schwierige am Menschsein ist (für mich)
das Eingesperrtsein in meine Perspektive,
die sich obendrein in einzelnen Momenten darbietet,
in klitzekleinen Häppchen Erfahrung.
Vielleicht fotografieren wir so gerne,
erzählen uns Geschichten, malen wir, machen Filme, schreiben Gedichte,
weil sie uns von der Komplexität der Realität befreien
und aus unzähligen separaten Erlebnissen, Situationen, Lebensrealitäten
ein kohärentes Ganzes machen.
Real zu erreichen
sind diese Ideale nicht.
Aber irgendwie gut sind sie trotzdem.
Warten
Wir warten.
Ich warte,
unwissend,
Wie lange noch.
Du wartest,
unwissend,
worauf.
Sie warten,
unwissend,
dass sie angekommen sind.
Ich warte auf dich,
Du wartest auf sie.
Er wartet auf irgendjemand.
Wie lange warten,
bevor man nicht mehr wartet?